Die SBB entschuldigt sich

Die Helpline soll ab sofort dafür sorgen, dass man auch wegkommt, wenn sich das Billett nicht ausdrucken lässt.

Die Helpline soll ab sofort dafür sorgen, dass man auch wegkommt, wenn sich das Billett nicht ausdrucken lässt.

Letzte Woche habe ich über meinen Ärger mit SBB-Railaway berichtet (ich hatte online zwei Tickets gekauft, die sich nicht ausdrucken liessen, weil die Dateien beschädigt waren; als ich deswegen den SBB-Ticketshop anrief, sagte man mir, ich müsse ein Mail schreiben; das tat ich, worauf ich die automatische Antwort erhielt, mein Problem werde innerhalb der nächsten 24 Stunden bearbeitet – mein Zug fuhr derweil ab). Nun hat sich die SBB bei mir gemeldet, sich mit einem 20-Franken-Gutschein für den Zwischenfall entschuldigt, und erklärt, laut internen Richtlinien hätte man mir am Telefon weiterhelfen müssen. Vor allem aber gelobt die Bundesbahn Besserung – und führt auf meinen Blogeintrag hin eine Neuerung ein: 0848 222 722, die Telefonnummer des Ticketshops, ist ab sofort auf der Railaway-Website publiziert (unter der Rubrik «Support»). Dazu werden diese Nummer, die werktags von 10 bis 18 Uhr bedient ist, und die gebührenpflichtige Hotline-Nummer 0900 300 300, die ausserhalb der Bürozeiten weiterhilft, auf dem Bestätigungsmail für eine Ticketbestellung erwähnt. Das ist doch eine gute Nachricht.

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Blockade am Seefeldquai

Die Sommerterrasse des Restaurants Frascati auf dem Seefeldquai: Noch kann man sich mit dem Velo hier durchschlängeln.

Die Sommerterrasse des Restaurants Frascati auf dem Seefeldquai: Noch kann man sich mit dem Velo hier durchschlängeln.

Der Frühling kann kommen: Das Restaurant Frascati im Zürcher Seefeld hat herausgestuhlt und mit Topfpflanzen eine Strassenblockade erstellt. Für Velofahrer ist hier, zwischen der Fussgängerzone der Quaianlagen und der vierspurigen Ausfallachse Bellerivestrasse, bald kein Durchkommen mehr. Wie in diesem Blog bereits berichtet, will die Stadt Zürich auf diesem kurzen Strassenstück, das Seefeldquai heisst, eine sogenannte Komfortroute für Velos einrichten. Und zu diesem Zweck 45 Parkplätze in der Strasse aufheben – und einen Teil des Trottoirs dazu (inzwischen haben zwei FDP-Gemeinderäte dazu ein Postulat eingereicht – der Stadtrat hat es abgelehnt). Wie man auf dem Bild sieht, könnte die Stadt dem Restaurant Frascati auch einfach vorschreiben, seine Stühle und Tische vom rechten auf den linken Strassenrand zu zügeln. Dann bliebe rechts eine Lücke für die Velos frei – und es müssten wie bisher nur im Sommer 28 Parkplätze verschwinden. Ganz abgesehen davon, dass auf Umbauarbeiten und die Entfernung eines Stücks Trottoir für die Fussgänger verzichtet werden könnte.

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Kein Kaffee

Wo bleibt der Velokafi?

Wo bleibt der Velokafi?

Heute morgen wollte ich doch das Velokafi am Limmatquai ausprobieren. Und beim Velocheck nebenan die ausgelaugte Kette und die quietschende Übersetzung meines Velos ölen lassen. Doch was war los an diesem kühlen, trüben Freitagmorgen neben dem Rathaus Café? Nichts! Zum Glück traf ich eine Bekannte, die erstens den frustrierten Velofahrer im leeren Velokafi fotografierte, und ihn zweitens auf einen Kaffee ins Rathaus Café begleitete. Daselbst beglückte uns der Barkeeper mit je einem Schlüsselanhänger in Form eines Katzenauges sowie einem Flyer mit den Prinzipien des städtischen Velo-Masterplans. Wieso aber blieb das Velokafi geschlossen? «Es ist nur bei warmem und schönen Wetter geöffnet», sagte der Barmann. Was wieder mal die Vermutung bestätigte, wonach die Stadt Zürich das Velofahren als Schönwetterbeschäftigung betrachtet.

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SBB: Detaillierte Antwort innert 24 Stunden

Früher musste man am Schalter anstehen, um ein Bahnbillett zu kaufen. Heute kann man dies zum Glück unterwegs oder, in komplizierteren Fällen, zuhause mit Compi und Drucker erledigen. Was aber, wenn sich ein Ticket nicht ausdrucken lässt? Diese Frage durfte ich mir am Gründonnerstag stellen, nicht als Hypothese, sondern als reale Handlungsanweisung: Was tun?
Ich hatte am Donnerstagmorgen online ein Snow-and-Rail-Ticket für einen Ausflug nach Scuol gebucht. Das Mail mit den Tickets in Form von Attachments landete umgehend in meiner Mailbox. Aufgrund diverser Erfahrungen vertraut mit den Feinheiten des Ausdrucks der Tickets (Bahn und Bergbahn-Gutschein) verschob ich diesen auf später. Ich hatte anderes zu tun, das mir dringender schien. Kurz bevor ich am späteren Nachmittag auf den Zug musste, machte ich mich daran, die Papiere auszudrucken. Es klappte nicht. Weder im Direktdruck noch mit Abspeichern davor, weder mit dem Safari- noch mit dem Firefox-Browser. «Datei beschädigt», teilte mir das Adobe-Programm bei jedem vergeblichen Druckversuch mit. Was tun? Auf dem Mail von SBB-Railaway, mit dem ich die nicht druckfähigen Karten erhalten hatte, stand zwar die Aufforderung, auf Facebook Fan von SBB-Railaway zu werden, aber keine Telefonnummer. Ich rief jene SBB-Nummer auf, die ich bei Telsearch als erste fand, die kostenpflichtige 0900 300 300. Man könne mir nicht helfen, wurde mir beschieden, und die Nummer von sbb.ch empfohlen: 0848 222 72211. Die Frau am Draht sagte mir, für mein Problem sei die «Freizeit» zuständig, also neudeutsch «railaway». «Schicken Sie eine Mail auf railaway@sbb.ch», empfahl sie mir. «Ich will eine Telefonnummer, ich muss auf den Zug», insistiere ich. «Schicken Sie ein Mail an diese Adresse», sagt die Frauenstimme, unbeirrt, als hätte ich nichts gesagt. Da wurde ich unflätig, also laut. «Ich brauche die Auskunft jetzt, und nicht innerhalb der nächsten 24 Stunden. Meine Bahnbillett ist heute, mein Bergbahnbillett morgen gültig, danach nicht mehr», sagte ich und fluchte. «Wählen sie die Mailadresse», erwiderte die Frau, emotionslos wie ein Roboter. Nochmaliges Vortragen der gleichen Argumente und Flüche meinerseits zeitigte dann erstaunlicherweise die Folge, dass die Frau antwortete: «Schicken Sie ein Mail – und ich werde mich dafür einsetzen, dass Sie rasch eine Antwort erhalten». Also schrieb ich das Mail. Und bekam postwendend die Antwort, dass ich auf meine Anfrage «innerhalb der nächsten 24 Stunden detaillierte Antworten» erhalten werde.
Schon 20 Minuten später bekam ich ein Mail mit zwei Tickets, diesmal unbeschädigt. Offenbar hatte mein unfreundlicher Ton am Telefonschalter geholfen, und die Callcenter-Frau getan, was sie versprochen hatte. Danke! Ich erreichte Scuol mit einer Stunde Verspätung.

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Von der RhB lernen

Sollte dieses Gerät streiken, gibts bei der RhB eine alternativen Billettschalter: den Kondukteur.

Sollte dieses Gerät streiken, gibts bei der RhB eine alternativen Billettschalter: den Kondukteur.

Letzte Woche fuhr ich mit der Rhätischen Bahn von Chur nach St. Moritz. Unmittelbar vor der Abfahrt in Chur stürzt eine Frau mit einem Kind in den Wagen, keuchend wie erleichtert: geschafft! Wenig später taucht der Kondukteur auf: Fahrkarten bitte! «Wir haben es nicht geschafft, eine zu lösen. Wir waren so knapp dran», sagt die Frau. Der RhB-Kondukteur aber sagt: «Sie können die Billette bei mir lösen. Aber das kostet einen Zuschlag von zehn Franken». Die Frau, mit den Bräuchen des ÖV offensichtlich nicht vertraut, ist etwas perplex. «Wieso dieser Aufschlag», will sie wissen. «Das ist einfach so», sagt der Kondukteur. Die Frau zahlt, ohne weitere Umstände. Sie kann sich ja glücklich schätzen. In einem SBB-Zug hätte sie einen neun Mal höheren Zuschlag – eine Busse von 90 Franken hinblättern müssen.
Auf der Fahrt vom Engadin zurück steigt in Tiefencastel ein junger Mann in den RhB-Zug ein, und löst ohne weitere Frage bei der Kondukteurin ein Billett inklusive Zuschlag. Business as usual offensichtlich.
Die Einführung von Bussen für das Besteigen eines Zuges ohne Billett Ende 2011 hat die SBB in der Öffentlichkeit viel Goodwill gekostet. Laut NZZ hat sich die Zwangsmassnahme zumindest aus «betriebswirtschaftlicher Optik» gelohnt – falls sie denn nicht für die 2,1 Prozent Abnahme der Passagierzahlen im Fernverkehr im 2012 mitverantwortlich sind. Aber vielleicht nimmt sich die grosse SBB ja ein Beispiel an der kleinen RhB – ebenfalls laut NZZ prüft die Bundesbahn die «Kulanzregeln grosszügiger auszulegen».

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SBB-Zahlen: Hat der Teufel übernommen?

Viel freien Platz gibts darin nicht: S-Bahn-Zug (Bild: SBB)

Viel freien Platz gibts darin nicht: S-Bahn-Zug (Bild: SBB)

Heute hält die SBB ihre Jahresmedienkonferenz ab und veröffentlicht ihre Zahlen für 2012. Vor zwei Wochen schon meldete der «Sonntag» vorab, dass die Bundesbahn letztes Jahr erstmals seit Jahrzehnten weniger Personen beförderte als im vorangehenden Jahr. «Bahnfahrer steigen aufs Auto um», folgerte die Zeitung – ein Schluss, der dann von mehr oder wenigen allen Medien übernommen wurde. 2012 scheint also der Worst Case eingetreten zu sein, ein Backlash, hiess der Motor der Milliardeninvestitionen in den öffentlichen Verkehr doch seit den 1980er Jahren: das Umsteigen vom Auto in die Bahn fördern. Jetzt hat also der Teufel das Steuer übernommen.
Wirklich? Das ist eine Glaubensfrage. Eine Rolle bei der (minimen) Abnahme der Passagierzahlen der SBB spielen offensichtlich auch die rückläufigen Touristenfrequenzen. Möglich wäre auch, dass die Schweizer letztes Jahr ihr Freizeitverhalten änderten und 2012 generell weniger Ausflüge unternahmen. Und um die Umstiegs-These zu erhärten, müsste man Zahlen zum Autoverkehr im letzten Jahr haben. Um schlüssige Antworten auf all dies zu erhalten, wäre eine umfangreiche Studie zum Verkehrsverhalten nötig, im Stile des Mikrozensus. Aber diese Riesenumfrage des Bundes – Zehntausende werden dafür interviewt – wird nächstes Mal erst 2015 durchgeführt.
Vielleicht ist der Schluss «Bahnfahrer steigen aufs Auto um» ja richtig. Die interessante Frage wäre natürlich wieso. «Weil die Transportpreise erhöht wurden», lautet die Antwort von grüner Seite. Tatsächlich schlugen die Billettpreise (2. Klasse) seit 1999 um einen Viertel auf, mehr als doppelt so viel wie die allgemeine Teuerung von rund elf Prozent. Allerdings gabs im selben Zeitraum auch einen massiven Leistungsausbau – die Neubaustrecke zwischen Olten und Bern etwa oder der Lötschberg-Basistunnel sowie fast überall mehr Züge und damit schnellere Verbindungen. Die Folge davon war dann allerdings mancherorts ein Komfortabbau – mehr Zugpendler bedeutet weniger freie Sitzplätze.
Stiegen die Leute für den Arbeitsweg in die Bahn um, verkauften sie deswegen aber ihr Auto nicht. Im Gegenteil: 1994 war noch ein Viertel der Schweizer Haushalte ohne Auto, 2000 nur noch ein Fünftel – und dabei ist es bis heute, trotz Bevölkerungswachstum, geblieben. Der ÖV ist zwar billiger als der MIV, weil er stärker subventioniert wird. Aber ein stillstehendes Auto verteuert jedes Bahnbillett. Möglicherweise haben die SBB-Aufschläge der letzten Jahre (rund zehn Prozent seit 2010) zu einer Konsolidierung geführt: Man nutzt die vorhandenen Ressourcen besser. Und steigt endgültig um, wenn die Ressource erschöpft, also das Auto kaputt ist.

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Hardbrücke: ÖV gegen Velofahrer

Velofahrer, die gestern in der NZZ das Plänchen zum zukünftigen Tram über die Hardbrücke anguckten, mögen sich gefragt haben: Wo bleibt die Velospur? Besetzt das Tram die eben erst geschaffene Fussgänger- und Velorampe auf der Seite des Hardplatzes, die das Befahren dieser zentralen Brücke mit dem Drahtesel sehr viel einfacher macht? Die Frage geht ans städtische Tiefbauamt. Zur Antwort schickt dieses den Link zu einem animierten Filmchen, das die zukünftige Fahrt des 8er Trams über die Brücke zeigt. «Nur zur Hälfte», lautet somit sinngemäss die Antwort. Auf dem Weg vom Hardplatz Richtung Primetower werden die Tramschienen über die aktuelle Busspur fahren. In die Gegenrichtung allerdings müssen Fussgänger und Velofahrer ihren Platz dem Tram opfern, ebenso werden sie in Zukunft auf der Rampe, die Brücke und Pfingstweidstrasse verbindet, durch den ÖV massiv behindert. Denn dort fährt der 8er in Zukunft wieder von der Brücke runter.

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Mehr Strom fürs Velo

Autoersatz? E-Mountainbikes, bereit zum Verlad in eine Gondel (Scuol, Sommer 2012)

Autoersatz? E-Mountainbikes, bereit zum Verlad in eine Gondel (Scuol, Sommer 2012)

Die Elektromobilität ist weiter im Vormarsch. Zumindest bei den Velos. 2012 nahm der Absatz von E-Bikes um 6,7 Prozent auf rund 53 000 Stück zu. Der Verkauf von normalen Velos, in der Statistik von Velo Suisse als «City-Bikes» ausgewiesen, ging dagegen in einem stärkeren Masse zurück. Diese Entwicklung ist nicht neu (wie in diesem Blog bereits früher vermerkt). Seit Jahren erhöht sich der Anteil der Velos mit Elektro(hilfs)motor auf Kosten der ausschliesslich mit menschlicher Energie betriebenen Drahtesel. 2008 waren 3,9 Prozent aller verkauften Velos (Rennvelos und Mountainbikes eingeschlossen) E-Bikes, 2012 hingegen 15,2 Prozent in einem moderat um sieben Prozent gewachsenen Markt. Sehr bescheiden ist dagegen weiterhin der Anteil des Elektromotors bei den Autos. Zwar wurden letztes Jahr 22 Prozent ganz oder teilweise mit Strom betriebene Wagen mehr verkauft als 2011. Gemessen am Gesamtabsatz machte dies allerdings gerade 2,2 Prozent aus. Dies im zweitbesten Verkaufsjahr der Schweizer Autoimporteure (1989 war das beste Autojahr überhaupt); besonders schöne Zuwachsraten zeigten u.a. die Kategorien Oberklasse und allradbetriebene Fahrzeuge. Soviel zum ökologischen Zeitgeist.

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Kilometerzähler auf dem iPhone

Moves sagt einem jeden Morgen, wie man sich gestern bewegt hat. (Bild: pd)

Moves sagt einem jeden Morgen, wie man sich gestern bewegt hat. (Bild: pd)

Seit ein paar Wochen führt mein iPhone Buch über all meine Bewegungen – zumindest über jene, bei denen ich das Phone mit mir herumtrage. Dies dank einer App namens Moves. Diese spürt mittels Sensoren, die offenbar im Gerät eingebaut sind, wie man sich bewegt – mit langsamen oder mit schnellen Schritten oder pedalend auf dem Rad. Auch Bewegungen, während denen man sich nicht bewegt, also Fahrten in einem motorisierten Vehikel, sei es auf Schienen oder auf Rädern. Jeden Morgen liefert die App den Bewegungsrapport vom Vortag, für gestern zum Beispiel «Cycling: 24 Min., Walking: 33 Min». Durch Antippen der beiden Symbole wird Moves zum Kilometerzähler und man erhält die Länge der zurückgelegten Strecken und sogar die Anzahl der gemachten Schritte (aber nicht die der Radumdrehungen). Und: Moves kündigt Rekorde an – mit dem Pop-up «all-time record» für neue Tagesbestleistungen gemeldet. Denn die von der finnischen Firma Protogeo entwickelte App verfolgt laut Eigendefinition ein erzieherisches Ziel, das zusammengefasst lautet: «Tue etwas für deine Gesundheit!»
Nicht angekündigt werden darum die Bewegungen mit Auto und ÖV, simpel «Transport» genannt. Hingegen zeigt einem Moves den gesamten Bewegungsablauf eines Tages auf. Via GPS ortet es die einzelnen Stationen – und die Zeitpunkte, zu denen man sich dort aufgehalten hat. Neugierige Augen können also meinem iPhone entnehmen, was bisher nur meine Telefongesellschaft und (vermutlich) Apple wussten: Wo ich mich rumgetrieben habe. Aber Achtung: Nicht alles stimmt, was Moves mitteilt. In den letzten Tagen wurden zweimal Strecken, die ich mit dem Velo befuhr, als «Transport» verbucht. Wohl, weil ich so rasant unterwegs war.

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Der Milchsee auf Schiene und Strasse

So fühlen sich offenbar die Vertreter der Autobranche: als Kuhmobil.

So fühlen sich offenbar die Vertreter der Autobranche: als Kuhmobil.

Diese Woche hat die Autobranche die lange angekündigte Milchkuhinitiative lanciert. Ziel: Alle Bundeseinnahmen aus den Benzinzöllen dem (Strassen-)Verkehr zukommen lassen. Argument: Der Autoverkehr bringe dem Staat mehr Geld als er ihn koste, und trotzdem würden die Leistungen immer schlechter –die Staus nämlich immer länger. Das müsse ändern.
Tatsächlich fliessen jährlich rund 1,5 Milliarden Franken aus den Treibstoffsteuern (87,6 Rappen pro Liter) in die allgemeine Bundeskasse. Und der MIV bringt Bund, Kantone und Gemeinden über Zölle, Steuern und Gebühren mehr ein, als sie für den Bau und Unterhalt von Strassen sowie für andere verkehrsbezogene Aufgaben, etwa die Verkehrspolizei ausgeben. Das zeigen die Zahlen der Strassenrechnung: 2009 erzielte die öffentliche Hand (sämtliche Einnahmen aus Treibstoffsteuern und LSVA eingeschlossen) mit dem Strassenverkehr einen «Überschuss» von rund 3,9 Milliarden Franken.
Doch Jammern über das angebliche Dasein als Milchkuh ist fehl am Platz. Neben den gedeckten gibt es ungedeckte Kosten: Solche, für die weder die Autofahrer noch öffentliche Strassenbudgets aufkommen. Phänomene wie Umwelt- und Lärmschäden, Wertminderungen von Liegenschaften, Zeitverluste wegen Staus oder Spitalkosten, welche die Allgemeinheit übernehmen muss. Das Bundesamt für Raumentwicklung hat diese Kosten in einer Studie für die Jahre 2005-2009 auf jährlich 8,5 Milliarden Franken berechnet. Unter dem Strich kostet der MIV die Allgemeinheit jedes Jahr also rund 4,6 Milliarden Franken.
Neid sei den Strassenlobbyisten allerdings unbenommen. Denn erheblich defizitärer als der MIV ist der ÖV: Öffentliche Subventionen und ungedeckte Kosten (allein für den Schienenverkehr) summieren sich dort auf 8,7 Milliarden (2009). Dabei erbringt der ÖV laut Aufstellung der Litra nur einen Drittel der Transportleistungen des MIV im Personenverkehr und nur einen Fünftel im Güterverkehr.
Würde man alle Verkehrssubventionen streichen und sämtliche bisher ungedeckte Kosten via Benzin- und Billettpreis oder Mobility Pricing verrechnen, wie das etwa der Ökonomieprofessor Reiner Eichenberger schon länger fordert, würde der Autokilometer um rund 9 Rappen oder einen Achtel teurer, das Bahnbillett aber auf mehr als das Doppelte aufschlagen. Die heutige Subventionierung des Verkehrs hat zur Folge, dass wir die vergünstigten Leistungen wie wild konsumieren – im Gegensatz zur Milch der ebenfalls subventionierten Kühe. Der alltägliche Andrang ist sozusagen der Milchsee auf Schiene und Strasse. Insofern zielt die Milchkuh-Initiative tatsächlich auf einen wunden Punkt.

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