SBB: Stehen oder stehen lassen

Was passiert, wenn ein Grossanlass stattfindet und kein Extrazug dahin fährt? Richtig, der fahrplanmässige Zug ist übervoll. So letzten Sonntagnachmittag zwischen Chur und Zürich. Ich stieg, aus dem Unterengadin kommend, in Landquart in den IC ein. Ich entschied mich für die 1. Klasse, nachdem die 2. Klasse im RhB-Zug von Scuol nach Landquart von Ausflüglern, Sportlerinnen und Ferienheimkehrern wie mir bereits bis auf den letzten Platz besetzt und das Perron in Landquart überaus gut besetzt war. Doch in der 1. Klasse des IC fand ich keinen freien Sitz, dafür übernächtigte junge Menschen, die auf dem Gang vor dem Abteil auf dem Boden sassen. Sie hatten das Summer Never Ends-Festival in Rona am Julierpass besucht, ein viertägiges Techno-Open-Air mit täglich rund 8000 Besuchern. Die SBB hatte davon nichts gewusst, obwohl der Anlass zum wiederholten Male stattfand. Grund: Die Veranstalter, ein öffentlichkeitsscheues und dem Vernehmen nach kommerzfeindliches Kollektiv, hatten sie nicht kontaktiert. Hätte die Bundesbahn um die Veranstaltung gewusst, so hätte sie diesem und anderen IC-Zügen zusätzliche Wagen angehängt oder sogar Extrazüge eingesetzt, erklärte die SBB auf Anfrage.
Als ich stehend von Landquart nach Zürich fuhr, kam mir in den Sinn, dass der Bundesrat die SBB von der Transportpflicht, die sie hat, befreien möchte – um ungezogene Fussballfans loszuwerden, um die sogenannten Hooligans zu bestrafen, indem man denen keine Extrazüge mehr bereitstellen würde. Was wohl die Folge wäre? Übervolle Züge mit jungen Menschen, die weniger still wären, als die vom Tanzen erschöpften, die ich antraf. Oder eine polizeiliche Zutrittskontrolle zum Perron – Durchlass nur für Nicht-Fussballfans, mit Gewissensprüfung? Dann müsste ich damit rechnen, nicht mehr stehend transportiert, sondern stehen gelassen zu werden.

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