Diese Woche hat die Autobranche die lange angekündigte Milchkuhinitiative lanciert. Ziel: Alle Bundeseinnahmen aus den Benzinzöllen dem (Strassen-)Verkehr zukommen lassen. Argument: Der Autoverkehr bringe dem Staat mehr Geld als er ihn koste, und trotzdem würden die Leistungen immer schlechter –die Staus nämlich immer länger. Das müsse ändern.
Tatsächlich fliessen jährlich rund 1,5 Milliarden Franken aus den Treibstoffsteuern (87,6 Rappen pro Liter) in die allgemeine Bundeskasse. Und der MIV bringt Bund, Kantone und Gemeinden über Zölle, Steuern und Gebühren mehr ein, als sie für den Bau und Unterhalt von Strassen sowie für andere verkehrsbezogene Aufgaben, etwa die Verkehrspolizei ausgeben. Das zeigen die Zahlen der Strassenrechnung: 2009 erzielte die öffentliche Hand (sämtliche Einnahmen aus Treibstoffsteuern und LSVA eingeschlossen) mit dem Strassenverkehr einen «Überschuss» von rund 3,9 Milliarden Franken.
Doch Jammern über das angebliche Dasein als Milchkuh ist fehl am Platz. Neben den gedeckten gibt es ungedeckte Kosten: Solche, für die weder die Autofahrer noch öffentliche Strassenbudgets aufkommen. Phänomene wie Umwelt- und Lärmschäden, Wertminderungen von Liegenschaften, Zeitverluste wegen Staus oder Spitalkosten, welche die Allgemeinheit übernehmen muss. Das Bundesamt für Raumentwicklung hat diese Kosten in einer Studie für die Jahre 2005-2009 auf jährlich 8,5 Milliarden Franken berechnet. Unter dem Strich kostet der MIV die Allgemeinheit jedes Jahr also rund 4,6 Milliarden Franken.
Neid sei den Strassenlobbyisten allerdings unbenommen. Denn erheblich defizitärer als der MIV ist der ÖV: Öffentliche Subventionen und ungedeckte Kosten (allein für den Schienenverkehr) summieren sich dort auf 8,7 Milliarden (2009). Dabei erbringt der ÖV laut Aufstellung der Litra nur einen Drittel der Transportleistungen des MIV im Personenverkehr und nur einen Fünftel im Güterverkehr.
Würde man alle Verkehrssubventionen streichen und sämtliche bisher ungedeckte Kosten via Benzin- und Billettpreis oder Mobility Pricing verrechnen, wie das etwa der Ökonomieprofessor Reiner Eichenberger schon länger fordert, würde der Autokilometer um rund 9 Rappen oder einen Achtel teurer, das Bahnbillett aber auf mehr als das Doppelte aufschlagen. Die heutige Subventionierung des Verkehrs hat zur Folge, dass wir die vergünstigten Leistungen wie wild konsumieren – im Gegensatz zur Milch der ebenfalls subventionierten Kühe. Der alltägliche Andrang ist sozusagen der Milchsee auf Schiene und Strasse. Insofern zielt die Milchkuh-Initiative tatsächlich auf einen wunden Punkt.
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