Diese Woche hatte ich endlich das Vergnügen, eines dieser Zürcher Vollwerbetrams besteigen zu dürfen. Und? Der Anblick des Swissquote-Vierers hat mich weder geärgert noch gefreut. Ehrlich gesagt, war ich angesichts der Horrorschilderungen von Bekannten eher positiv überrascht über die nüchterne Gestaltung des Innenraums. Werbung für Hypotheken dort, wo in anderen Trams für Sprachschulen geworben wird, Werbung für irgendwelche Fonds da, wo sonst ein Stellenvermittler seine Dienste anpreist. So what. Ok, der auf den Boden geschriebene, neben ein Kinderwagensymbol platzierte Spruch «für zukünftige Anleger» mag etwas flapsig sein. Aber das muss Werbung doch!
Meine Neugierde auf das Werbetram war geweckt worden durch die vielen medialen und privaten Diskussionen zum Thema. Gerade letzte Woche diskutierte ich mit einem Bekannten beim Zmittag übers Thema. Er, ein Geschäftsmann mit distinguiertem Geschmack, regte sich fürchterlich auf über die fünf Werbetrams. Deren Gestaltung empfinde er als Faust aufs Auge. Da bemühe sich die Stadt seit Jahren um ein gutes Erscheinungsbild, investiere viel Geld ins Design von Tramstationen, von Kiosken und Abfalleimern. Und dann dies – das Züritram in bunten Farben marktschreierisch umgespritzt, verkauft für den schnöden Mammon! Ja, in einer gewissen Hinsicht gab ich meinem Gegenüber Recht. Die Stadt wendet zweierlei Massstäbe an – einen für sich und einen für alle andern, also Private. So hat sie ein «Gesamtkonzept Aussenwerbung» und ein «Konzept Reklameanlagen» formuliert, mit strengen Richtlinien für alle, die in irgendeiner Art im öffentlichen Raum werben wollen. Wer je versucht hat, mit einem Schriftzug auf der Fassade auf sein Geschäft hinzuweisen, weiss, dass hier jeder Millimeter abgemessen – und sanktioniert wird. Und einer Werbefirma verbot das Amt für Städtebau 2006 die «marktschreierische Werbung» mit Bildschirmen in einer Vitrine im Niederdorf; diese störe das denkmalpflegerisch sensible Umfeld der Altstadt. Das Bundesgericht hiess den Entscheid 2011 gut, und wies den Einwand der Firma ab, wonach viele Geschäfte mit ähnlichen Bildschirmen in ihren Schaufenstern für ihre Produkte werben. Eigen- und Fremdwerbung seien verschiedene Sachen, beschied das höchste Gericht. Was aber tun die VBZ mit den Werbetrams – etwa für sich selbst werben? Vielleicht sollte mein Bekannter klagen. Zumal beim Design der Werbetrams die gestalterischen Regeln, wie sie Privaten auferlegt sind, ausser Kraft scheinen. «Befriedigende Gesamtwirkung», «Strassenreklamen, die die Verkehrssicherheit beeinträchtigen, sind untersagt» zum Beispiel. Und wie steht es mit der Bezahlung von «Gebühren für die Benutzung des öffentlichen Grundes»?
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