Kein Traum

Ein Seil ohne Sessel: Lift Salaniva am 16.2. in Scuol GR.

So etwas habe ich in meiner immerhin schon 45 Jahre dauernden Karriere als Wintersportler noch nie erlebt. Es ist ein prächtiger Tag, mit Sonnenschein, blauem Himmel und Neuschnee. Nicht zuviel, nicht zuwenig – etwa 20 Zentimeter, vom Wind allerdings etwas ungerecht verteilt. Und die Bergbahnen versagen ihren Dienst, zumindest teilweise. So geschehen heute Donnerstag in Scuol GR. Drei (von acht) Liften standen still – jene, die zu den interessantesten Pisten führen. Nun, im Neuschnee war es auch neben den anderen Pisten schön. Aber irgendwann wunderte ich mich; das Gebiet von Scuol gehört nicht gerade zu jenen, die unzähligen Lawinenhängen ausgesetzt sind. Um 15 Uhr nachmittags fragte ich einen Skiliftmann, der vor der Talstation seines stillstehenden Lifts eifrig Schnee schaufelte, was denn los sei. Die betreffenden Pisten seien noch nicht präpariert. Das sei doch kein Problem, fand ich – den ganzen Tag über hatte ein Grossteil der Ski- und Snowboardfahrer gerade unpräparierte Abschnitte gesucht. Nein, das könne man nicht allen Leuten zumuten, meinte er. Ausserdem seien die Lawinen noch nicht gesprengt (obwohl man es den ganzen Tag durch immer wieder die typischen dumpfen Böller gehört hatte). Was auch immer der Grund für die temporäre Stilllegung der Lifte gewesen mag: Ich brachte wenig Verständnis auf – und musste mich dennoch damit abfinden. Ich logiere in Sent, das nur über eine der nun geschlossenen Strecken zu erreichen ist, ausgerechnet «Traumpiste» genannt.

Das Stossverkehr-Feeling in den Ferien: im Skibus in der Region Scuol.

Doch ich wollte nicht schon wieder mit dem Postauto, das im Stossverkehr voller ist als der 32er in Zürich morgens um halb acht, von Scuol nach Sent kurven. Eine Möglichkeit blieb: Den Winterwanderweg für die Spaziergänger hatten die wackeren Pistenarbeiter schon gepfadet. Ich entschloss mich zu einer Wanderung, eine halbe Stunde bergauf und geradeaus mit dem Snowboard unter dem Arm. Nach dem Schweiss der Preis: eine Abfahrt abwechslungsweise durch Neuschneefelder und über eine frisch präparierte, unbefahrene Piste. Morgen kann ich ausschlafen, wenn sich alle andern in den Bus drängeln, um als erste über die Traumpiste fahren zu dürfen.

Der Traum wird doch noch wahr: die eigene Spur neben der Traumpiste.

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